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Klimaschutz muss auch mal wehtun

Um die Klimaschutzziele 2030 zu erreichen, braucht es mehr als Absichtserklärungen. Das bedeutet Veränderung – und Veränderungen sind nicht immer leicht. Neben Gebäuden und Energieversorgung liegen kommunale Handlungsfelder dafür vor allem im Verkehr. Um die Umstellung hin zu einer nachhaltigeren Mobilität voranzubringen, unterstützt die KEA Kommunen und Städte bei der Erstellung von Mobilitätskonzepten, die den Wandel einleiten.

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Kommunale Mobilitätskonzepte, die Bewegung schaffen

„Klimaschutz muss manchmal wehtun“, sagt Maria Franke. Als Mobilitätsbeauftragte der KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg berät sie Kommunen rund um eine nachhaltige Verkehrsplanung. Derzeit hielten die Bürgermeister sich noch zu stark zurück, oft aus falsch verstandener Rücksicht gegenüber Autofahrern. „Ein neuer Fußgänger-Übergang mag eine Verbesserung für den Fußverkehr bringen, deshalb lässt aber keiner das Auto stehen. Durch eine Kombination von Maßnahmen zur Verbesserung des Fuß- und Radverkehrs in Verbindung mit sogenannten Push-Maßnahmen, wie der Verknappung von Parkflächen oder einer spürbaren Erhöhung der Parkgebühren, erreichen Kommunen deutlich mehr als nur mit zusätzlichen Mobilitätsangeboten. Das bringt natürlich auch Einschränkungen mit sich.“

120 Stunden im Stau: Mobilitätswende unabdingbar

Bei vielen Informations-Veranstaltungen stellt Maria Franke eine große Aufgeschlossenheit für das Thema fest: „Allen Beteiligten ist klar, dass ein tiefgreifender Wandel der Mobilität erfolgen muss.“ Durchschnittlich 120 Stunden verbrachten die Deutschen 2018 im Stau, war unlängst ein Ergebnis einer Studie des Verkehrsdatenanbieters Inrix. Der Blick auf scheinbar endlose Blechkarawanen zur Rush-Hour bestätigt dies. Eine Mobilitätswende kann nicht nur den Weg zum Klimaschutzziel 2030 ebnen sondern daneben die Lebensqualität in den Städten und Gemeinden verbessern. Weniger Lärm und Abgase sowie mehr Platz für Kinder und ältere Menschen im öffentlichen Raum machen Quartiere attraktiver.

Der erste Schritt ist laut Franke die Erstellung eines ganzheitlichen Mobilitätskonzepts. Darin definieren Städte und Gemeinden Ziele und Maßnahmen einer klimaschonenden und stadtverträglichen Verkehrsentwicklung. Der Fachbereich Kommunaler Klimaschutz der KEA unterstützt sie dabei.

Veränderungen mit attraktiven Angeboten koppeln

Die Umstellung auf Elektromobilität ist dabei einer der notwendigen Bausteine der Mobilitätswende, betont Franke. Neue Mobilitätsangebote machen jede Gemeinde attraktiver. Unter Berufung auf das „Klimaschutzszenario 2030“ des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg nennt sie fünf Ziele, mit denen das Zwischenziel von 42 Prozent CO2 Einsparungen im Verkehr bis 2030 erreicht werden kann:

  • Verdoppelung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)
  • klimaneutraler Antrieb für jedes dritte Auto
  • Reduzierung des Kfz-Verkehrs in Städten um ein Drittel
  • jede zweite Wegstrecke zu Fuß oder per Rad zurücklegen
  • ein Drittel aller Güter wird klimaneutral transportiert

Großstädte machen es vor: Paris und Wien dämmen den Autoverkehr mit reduzierten Parkflächen ein – mit gutem Erfolg: In der französischen Hauptstadt ging die Anzahl der Privat-PKW um 18 Prozent zurück[1]. London erhöht die Maut für ältere PKW: 14,50 Euro pro Tag kostet die Fahrt in der Innenstadt. Sofern man solche Maßnahmen mit einer Verbesserung des Mobilitätsangebots kombiniert, lässt sich aus Frankes Erfahrung heraus auch ein Gemeinderat überzeugen. Als Beispiele nennt sie Carsharing-Angebote, verbesserte Park & Ride-Möglichkeiten und einen gut vernetzten ÖPNV. Der Luftkurort Pfalzgrafenweiler etwa strebte ein umweltschonendes Gesamtkonzept an. „Aus der örtlichen Energiegenossenschaft heraus hat sich ein Carsharing-Dienst mit Elektroautos und E-Bikes entwickelt. Alle Fahrzeuge werden mit 100 Prozent Ökostrom geladen. Der Ort hat zwar nur knapp 8.000 Einwohner, aber die Bürger tragen das Projekt aus voller Überzeugung mit“, kommentiert die Mobilitätsbeauftragte.

Geldtöpfe nutzen

Mobilitätskonzepte und die Personalstelle, die für deren Umsetzung erforderlich ist, fördert das Bundesumweltministerium (BMU) im Rahmen der Kommunalrichtlinie. Damit haben Kommunen die Chance, auf lange Sicht einen für alle lebenswerten öffentlichen Raum zu schaffen. Maria Franke berät beispielsweise die kommunalen Mobilitätsmanager und unterstützt die Städte und Gemeinden beim Beantragen von Fördermitteln für ihre Projekte. Für kleinere Gemeinden sei der Zusammenschluss mehrerer Kommunen möglich und sinnvoll. Ganz ohne eigene Investitionen ist das Ziel allerdings nicht zu erreichen.


[1] Quelle: Agora Verkehrswende (2018):  Umparken – den öffentlichen Raum gerechter verteilen Zahlen und Fakten zum Parkraummanagement. www.agora-verkehrswende.de