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Nachhaltige Berufe Folge 9: Bernward Janzing inspiriert mit verständlich formuliertem Klima-Wissen zum Lesen

Lächelnder Mann steht vor Apfelbaum

Bernward Janzing (Foto: privat)

Professionell für den Klimaschutz arbeiten: Das wünschen sich inzwischen viele (junge) Menschen. Wie groß das Spektrum auf Nachhaltigkeit ausgelegter Berufe ist, möchte die KEA-BW mit ihrer Serie „Nachhaltige Berufe“ zeigen. Interviewpartnerinnen und -partner aus ganz unterschiedlichen Branchen erzählen aus Ihrem Arbeitsalltag und wie sie zu Ihrer aktuellen Tätigkeit kamen.

Folge 9:

Mit verständlich formuliertem Wissen zum Lesen inspirieren

Bernward Janzing, Jahrgang 1965, recherchiert und schreibt seit mehr als 25 Jahren zu Umwelt- und Energiethemen. Im Interview erzählt er uns, wie seine Begeisterung für das Schreiben mit einem Artikel über das Wetter im Schwarzwald begann, warum sein Schwerpunkt auf Technik, Wirtschaft und Klima liegt und wie sich die Debatten über den Klima- und Umweltschutz über die Zeit verändert haben.

KEA-BW: Herr Janzing, Sie sind seit mehr als 25 Jahren als Journalist und Autor tätig. Wie kamen Sie zum Schreiben?

Bernward Janzing: Ich habe bereits früh angefangen, Zeitung zu lesen. Der Kontakt zur Lokalredaktion kam dann eher zufällig und ich verfasste mit 16 meinen ersten Artikel – über das Wetter im Schwarzwald. Ich bin im Schwarzwald auf fast 1.000 Meter Höhe aufgewachsen und das Wetter ist dort immer ein großes Thema. Mich interessierte das und ich begann mit eigenen Wettermessungen. Die waren dann Thema des Beitrags. Später präsentierte ich sie auch bei Jugend forscht.

Seitdem Sie 16 sind, scheint Sie der Journalismus nicht mehr losgelassen zu haben. Kam für Sie denn auch etwas anderes in Frage?

Während meines Studiums war mir lange nicht klar, in welche Richtung ich später gehen würde. Neben dem Journalismus konnte ich mir auch eine Karriere in der Wissenschaft vorstellen. Geschrieben habe ich während meines Studiums trotzdem immer und habe in den Semesterferien als Urlaubsvertretung in verschiedenen Redaktionen gearbeitet. Ich hatte immer Spaß an der Sprache und am Erklären von komplexen Sachverhalten. Erst zum Ende meines Studiums fiel meine Entscheidung, tatsächlich in Richtung Journalismus zu gehen. Ich bekam dann nahtlos einen Ausbildungsplatz bei der Badischen Zeitung. So fanden zwei Stränge, die zuvor parallel zueinander verliefen, im Beruf zusammen: Die Wissenschaft und das Schreiben.

Sie fokussieren sich als Fachjournalist vor allem auf Klima- und Energiethemen. Wie kam es dazu?

Meine Interessen haben sich schon früh geformt, auch durch ein naturwissenschaftlich geprägtes Elternhaus, wo Bücher, wie „Die Grenzen des Wachstums“ im Regal standen. Ich ging dann aufs Technische Gymnasium, worüber ich nicht nur aus Sicht der Technik heute froh bin, sondern auch wegen des hervorragenden Wirtschaftsunterrichts. In den Redaktionen war mein Studium der Geografie mit den Nebenfächern Biologie und Geologie eher ungewöhnlich; als Naturwissenschaftler war ich oft ein Exot unter vielen Geisteswissenschaftlern. Umweltthemen landeten daher meist bei mir, was ja auch genau das war, was ich machen wollte. Zu Beginn, in den 1980er und 1990er Jahren, waren das Themen wie das Ozonloch, das Waldsterben und die Gewässerverschmutzung; nach Tschernobyl waren es auch die Fragen rund um die Radioaktivität. Im Laufe der Jahre traten dann Energiethemen und der Klimaschutz in den Vordergrund.

Gibt es Ihrer Meinung nach Themen, über die bisher zu wenig berichtet wird?

Thematisch sehe ich wenig Defizite, die relevanten Themen tauchen alle auf. Allerdings finde ich, dass in der Berichterstattung aus fachlicher Sicht oft die kritische Analyse fehlt. Ob technische Lösungen stimmig sind, ob sie wirtschaftlich funktionieren können, wird oft nicht ausreichend hinterfragt. Manchmal vermisse ich Sachkenntnis, was im Extremfall so weit gehen kann,  dass in Texten Kilowatt und Kilowattstunden verwechselt werden. Auch wenn  auf einem Bild eine Photovoltaik-Anlage als eine Solarthermie-Anlage beschrieben wird, ist das ärgerlich.

Welche Auswirkungen hat die Energiekrise auf Ihre Arbeit? Werden manche Themen mehr nachgefragt als noch vor einem Jahr?

Alle Themen haben grundsätzlich wechselnde Konjunktur. Das erlebe ich seit 25 Jahren. Welche Energie- und Umweltthemen nachgefragt werden, hängt immer sehr von der aktuellen Situation ab.  Das macht es ja auch so spannend. Um das Jahr 2000 sind beispielsweise viele Solarunternehmen an die Börse gegangen – dann lag es an mir, Börsenlatein zu lernen. Als diese Unternehmen dann der Reihe nach Pleite gingen, setzte ich mich mit dem Insolvenzrecht auseinander. Und als dann um das Jahr 2008 die Ölpreise so hoch waren, brachte diese Entwicklung wieder andere Themen auf den Tisch. Aktuell ist es natürlich die Energiekrise, vor allen im privaten Bereich. Die Textinhalte sind jetzt oft sehr verbrauchernah. Denn generell kommt man näher an die Zielgruppen heran, wenn sie vom Thema akut betroffen sind – meist finanziell.

Klimaschutz ist für viele immer noch abstrakt. Was macht für Sie gute Klimakommunikation aus? Und wie erreicht man auch die, die sich bisher nicht mit dem Thema auseinandersetzen wollten?

Als Journalist versuche ich, Lesern ein Angebot zu machen. Sie entscheiden, ob sie es annehmen oder nicht. Ich will niemandem meine Themen aufdrängen, sondern hoffe zu inspirieren. Ich möchte gerne die Hintergründe und Zusammenhänge erklären, damit ich den Leser bei der Entscheidungsfindung im privaten und politischen Leben unterstützen kann. Dabei hilft es manchmal, einen personalisierten Zugang zu schaffen und eine Geschichte anhand eines guten Beispiels zu erzählen. Trotzdem ist mir aufgefallen, dass man Menschen mit Klimaschutz-Themen am besten erreicht, wenn diese mit wirtschaftlichen Betrachtungen einhergehen und die Leser einen Vorteil für sich darin sehen. Der Blick auf die Stromrechnung ist jetzt für viele der Anstoß, sich zum ersten Mal mit Solarstrom oder Effizienz auseinanderzusetzen. Oft sind Klimadebatten einfach zu abstrakt.

Sie haben drei Bücher zur Energiegeschichte verfasst: Wie hat sich die Debatte über die Energieversorgung über die Jahre hinweg verändert?

Blickt man in der Geschichte einmal etwas weiter zurück, merkt man, dass viele Debatten schon vor 100 Jahren ähnlich geführt wurden wie heute. Ein schönes Beispiel ist das Kraftwerk Laufenburg am Hochrein, das 1914 in Betrieb ging. Schon vor dessen Bau gab es massive Diskussionen darüber, wie stark man in die Natur eines Flusses eingreifen darf.

Aber die Technik bringt heute natürlich auch viele neue Aspekte. Neu ist zum Beispiel, dass jeder im Haus seinen eigenen Strom erzeugen kann. Früher floss der Strom sehr linear von den Kraftwerken zu den Endverbrauchern. Mittlerweile dreht sich das teilweise um und Bürger lassen ihren selbst erzeugten Strom zurück ins Netz fließen.

Auch das Verhältnis zwischen Umweltschutzorganisationen und der Politik hat sich übrigens verändert. In den 1980ern gingen die Organisationen, die man ja heute NGOs nennt, in harte Konfrontation zu den Regierungen. Heute sehen die Organisationen ihre Rolle zunehmend darin, die Regierungslinie zu bekräftigen.

Der Beruf des Journalisten ist oft mit vielen Reisen verbunden. Wie setzen Sie Klimaschutz und Nachhaltigkeit privat wie beruflich um?

Mir persönlich ist das Verkehrsthema wichtig und ich sehe hier in der Gesellschaft viel Potenzial zum Klimaschutz. Ich lege meine Termine so, dass ich, wo möglich, alles mit Bus und Bahn erreichen kann – auch die Kombination mit Fahrrad oder Faltrad hilft dabei oft weiter. Und bevor ich im Inland fliegen würde, würde ich Termine absagen. Für viele ist es Gewohnheit, das Auto zu nehmen; sie wissen gar nicht, was alles mit der Bahn geht. Und was das Wohnen betrifft: Ich habe eine Photovoltaik-Anlage und Solarthermie auf dem Dach. Für mich ist es ein tolles Gefühl, im Sommer zu wissen, dass das warme Wasser von meinem eigenen Dach kommt.

Gibt es bei der Debatte um den Klimaschutz etwas, das Sie persönlich besonders berührt oder ärgert?

Der Widerspruch zwischen politisch geäußerten Ansichten und dem, wie sich Menschen in Ihrem Alltag verhalten, ist oft krass. In der Debatte fehlt häufig auch die Frage nach dem Lebensstil und danach, was Wohlstand eigentlich bedeutet. Klimaschutz hat nicht nur mit Technik zu tun, auch der Blick auf die Konsumwelt muss sich grundlegend ändern. Niemand braucht zum Beispiel alle zwei Jahre ein neues Handy.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führten Beate Schade und Eva Kirchner (KEA-BW) im November 2022.

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Lebenslauf Bernward Janzing:

1987-1993: Studium der Geographie, Geologie und Biologie an der Universität Freiburg
1993-1995: Volontariat bei der Badischen Zeitung
Seit 1995: Freiberufliche Tätigkeit als Fachjournalist und Autor

Kontakt: Bernward Janzing
Tel. 0761 - 202 23 53
E-Mail: Bernward.Janzing@t-online.de

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Tags: Nachhaltige Berufe