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Serie: "Was wäre, wenn ... Kommunen den Klimaschutz mit höchster Priorität behandeln würden?"

Lukas Rosengrün und Vanessa Herhoffer (Fotos: Lukas Rosengrün; ifeu)

„Was wäre, wenn …?“

Wie wäre es, wenn die Forderungen und Ideen von professionellen Klimaschützerinnen, Umweltaktivisten und der Fridays-for-Future-Bewegung plötzlich Wirklichkeit würden? Wenn Kommunen, Hausbesitzer und Unternehmen auf einen Schlag im Sinne der Energiewende handeln würden? Mit welchen Herausforderungen haben wir es dann zu tun? Wie sähe die Umsetzung aus? Wie würde das unseren Alltag beeinflussen?

Mit der Beitragsreihe „Was wäre, wenn …“ lädt die KEA-BW zu einem visionären Gedankenspiel ein. Nach ihrer Vision gefragt werden Fachleute, aber auch all die Expertinnen und Experten, die freiwillig für den Klimaschutz aktiv sind oder es aus beruflichen Gründen sein müssen und wollen. Ihre Ideen sollen Lust auf morgen machen, dazu animieren, optimistisch in eine klima- und menschenfreundliche Welt zu blicken. Eine wichtige Botschaft dabei ist: Klimaschutz bedeutet nicht per se Verzicht. Nachhaltigkeit und Suffizienz bergen sehr viel – neue – Lebensqualität

Text: Beate Schade, KEA-BW

Folge 3:
Was wäre, wenn Kommunen den Klimaschutz mit höchster Priorität behandeln und bei jeder Entscheidung mit einbeziehen würden?

Lukas Rosengrün, 37 Jahre
Bürgermeister der Gemeinde Ehningen; davor in der Projektentwicklung für Windenergie und Übertragungsnetzausbau tätig

„Das Thema Klimaschutz bestimmt die Diskussionen im Gemeinderat. Jeder Bürgermeister, jede Bürgermeisterin hat die Dringlichkeit des Themas verinnerlicht. Es geht nicht mehr darum, das Nötigste zu tun, sondern alles nur Mögliche. Der Fokus liegt nicht mehr auf den Kosten, sondern darauf, was sich auf lange Sicht an Energie bzw. Treibhausgasemissionen einsparen lässt. Die Erkenntnis, dass Investition in den Klimaschutz wirtschaftliche Vorteile bedeutet, hat sich durchgesetzt. Dadurch löst sich der Sanierungsstau auf. Alle Liegenschaften der 60er bis 80er Jahre etwa werden unter die Lupe genommen und energetisch saniert. Dafür gibt es eine unbürokratische Förderung, die sehr übersichtlich ist und einfach zu beantragen. Auch der Fuhrpark, kleine Anschaffungen oder der Ersatz defekter Geräte werden immer unter dem Klimaaspekt geprüft. Hauptverkehrsachsen oder kleinere Straßen, die saniert werden, werden im Sinne nachhaltiger Mobilität begutachtet.

Verpflichtungen haben die – nicht ausreichend funktionierenden – Anreize größtenteils abgelöst: In jedem Rathaus gibt es mindestens eine vom Land geförderte Personalstelle für das Klimaschutzmanagement. Photovoltaik an Gebäuden ist selbstverständlich geworden, denn PV ist für alle Neubauten vorgeschrieben, außerdem ist eine PV-Fachberatung für den Bestand Pflicht. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz wurde dahingehend novelliert, dass eine PV-Nutzung immer wirtschaftlich darstellbar ist. Ein Energiemanagementsystem ist für Kommunen und kommunale Unternehmen obligatorisch und die kommunale Wärmeplanung eingeführt. Alle Kommunen sind dem Klimaschutzpakt Baden-Württemberg beigetreten. Immer mehr Kommunen warten nicht auf die Gesetzespflicht, handeln vorausschauend und machen sich das Leben damit einfacher.“

Vanessa Herhoffer, 31 Jahre
Wissenschaftliche Mitarbeiterin des ifeu (Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg); Arbeitsschwerpunkte: Kommunaler Klimaschutz, Energie- und Klimaschutzkonzepte

„Die Lebensqualität in den Städten ist gestiegen, weil immer mehr Kommunen sich trauen, nachhaltig zu planen und zu handeln. Sie fungieren in puncto Klimaschutz als Vorbild für die Bürgerschaft und haben ihr Informationsangebot deutlich ausgeweitet. Es sind flächendeckend sogenannte One-Stop Shops entstanden: neutrale Anlaufstellen, die die Organisation aller Aufgaben, die sich bei einer energetischen Sanierung ergeben, übernehmen und so den Aufwand für Sanierungswillige minimieren. Es gibt verbindliche Vorgaben für hohe Baustandards bei Neubauten. Um den Flächenverbrauch zu minimieren, ist die Flächengröße von Neubauten streng reglementiert. Eigentümerinnen und Eigentümer leerstehender Gebäude müssen diese innerhalb einer Frist bewohnbar machen. Radverkehr, Mobilitätspunkte und der öffentliche Nahverkehr bestimmen das Straßenbild. Ängste etwa vor autofreien Zonen oder Quartieren werden seltener, da die Menschen die Vorteile des Wandels erkennen. Das Thema Suffizienz (Genügsamkeit) bekommt immer mehr Anhänger.

Politikerinnen und Politiker befassen sich parteiübergreifend mit dem Klimaschutz. Eine Verweigerungshaltung ist quasi nicht mehr möglich: Das Thema wird mit Hilfe mehrerer geförderter und unbefristeter Stellen für das Klimaschutzmanagement in allen kommunalen Bereichen mitgedacht. Die Weiterentwicklung des Berufszweiges ist in vollem Gange, es sind viele neue Studiengänge und Fachausbildungen entstanden, um dem Fachkräftemangel vorzubeugen.“

 

Fazit und Ausblick:

In jeder Kommune müssen künftig viele Menschen den Klimaschutz in allen Bereichen kompetent im Auge behalten. Es muss zudem mehr Verpflichtungen geben, die zum Handeln zwingen. Zahlreiche unabhängige Organisationen und Expertenteams bieten Kommunen ihre kostenlose Unterstützung an. Dazu gehört die Landesenergieagentur KEA-BW mit ihren Fachbereichen Energiemanagement, Kommunaler Klimaschutz, Wärmewende, Contracting, Nachhaltige Mobilität und Zukunft Altbau.

 

Weiterführende Informationen:

 

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