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Nachhaltige Berufe Folge 7: Eva-Maria Keilbach, Geschäftsführerin eines 180 Jahre alten Fensterbau-Unternehmens

Eva-Maria Keilbach

Foto: Eva-Maria Keilbach

„Am liebsten würde ich ausschließlich Holzfenster verbauen“, sagt Eva-Maria Keilbach. Sie ist Jahrgang 1987 und Geschäftsführerin des Fensterbau-Unternehmens Keilbach in sechster Generation. In unserem Interview erzählt sie, welchen Stellenwert Nachhaltigkeit in Ihrem Betrieb einnimmt, wo die Grenzen des privaten Klimaschutzes auf dem Land in Oberkessach-Schöntal liegen und was man aus gebrauchten Fenstern alles herstellen kann.

KEA-BW:
Frau Keilbach, wollten Sie irgendwann etwas anderes werden als Glaserin?

Eva-Maria Keilbach:

Ich war natürlich schon als Kind immer gerne in der Werkstatt und im Büro. Ursprünglich wollte ich aber nicht im Betrieb meiner Eltern arbeiten. Mir war auch nicht klar, was eine Glaserin alles macht. Mein Betriebswirtschafts-Studium in Würzburg habe ich dann nach drei Semestern abgebrochen, weil ich viel zu viel am Schreibtisch saß. Ich ging zurück nach Schöntal und startete die Ausbildung zur Glaserin bei meinem Vater. In Karlsruhe habe ich anschließend die Fortbildung zur Meisterin gemacht. Für das Jahr habe ich mir eine Bahncard gekauft.

Wieso fuhren Sie nicht – wie so viele andere Menschen – mit dem Auto?

Auf der Strecke ist oft Stau und im Zug ist es entspannter. Allerdings kommt man auf dem Land ohne Auto nicht aus. Mit dem Bus braucht man 20 Minuten bis zum nächsten Bahnhof – und der fährt in den Ferien noch seltener. In meiner Zeit am Berufskolleg in Künzelsau war ich anfangs noch keine 18 und musste Bus fahren. Das dauerte anderthalb Stunden – mit dem PKW braucht man 20 bis 30 Minuten. Ein besserer Nahverkehr auf dem Land würde schon einige Menschen aus dem Auto holen.

Sie sind in sechster Generation Geschäftsführerin Ihres Familienbetriebs, zusammen mit Ihrem Vater. Der Betrieb wurde vor 182 Jahren gegründet - in dieser Zeit hat sich viel verändert. Worauf legen Sie besonderen Wert?

Wir produzieren unsere Holzfenster immer noch selbst. Vor ein paar Jahren mussten wir die alte Maschine gegen eine neue tauschen, die Investition hat sich gelohnt. Die neue verbraucht viel weniger Energie. Wir verarbeiten zu 80 bis 90 Prozent Holzfenster, zumeist bei Sanierungen. Sie sind beim Kauf zwar teurer als Kunststofffenster, aber langlebiger. Auf Dauer aber gleicht sich der Preis aus. Kunststofffenster lassen sich zum Beispiel auch nicht reparieren, wenn etwas am Rahmen kaputt geht. Ein Naturprodukt kann ich ausbessern. Ich möchte so nachhaltig wie möglich wirtschaften.

Woher beziehen Sie das Holz?

Wir beziehen so viele Rohstoffe wie möglich aus der Region, etwa das Kiefern- und Fichtenholz. Die etwas haltbarere Lärche kommt teilweise aus Sibirien – was aktuell zeitweise Schwierigkeiten macht.

Wie wirken sich die Energie- und Rohstoffkrise bei Ihnen aus?

Ich bekomme jeden Monat eine neue Preisliste für Holz. Auch Beschläge, Aluminiumteile und Anstrich verteuern sich permanent. Und die Energiepreise steigen. Die Kosten für ein Fenster sind dadurch innerhalb von zwei Jahren um rund 40 Prozent gestiegen. Ich würde sehr gerne nur noch Holz- oder Holz-Alufenster verbauen, aber bei diesen Preisen muss ich weiterhin Kunststofffenster anbieten. Beim Dämmwert der Fenster sparen die Leute meist nicht, da bestellen sie den höchsten Standard.

Wie äußert sich Ihr Nachhaltigkeitsgedanke sonst noch im Betrieb?

Auf dem Neubau unserer Maschinenhalle haben wir Photovoltaik installiert und nutzen den Strom selbst. Wenn jemand ein neues Fenster haben will und das alte ist noch reparabel, dann tauschen wir auch mal nur die Schreibe aus.

… und in Ihrem Alltag?

Es ist schade, alte Dinge einfach wegzuwerfen. Die Werkbank meines Opas dient mir beispielsweise als Kochinsel. Mein Hobby ist es, schöne alte Fenster neu zu verwenden, als Regal, Spiegel, Pinnwand oder Fensterrahmen. Aus Zeitgründen versorge ich damit momentan nur den Familien – und Freundeskreis, später möchte ich meinen kleinen Online-Shop gerne ausbauen. Im Alltag vermeide ich wo es geht Verpackungen. Meine kleine Tochter trägt Second-Hand Kleidung von den Kindern meiner Schwester. Mit meiner Tochter fahre ich viel mit dem Fahrradanhänger. Zehn Kilometer sind da kein Problem. Ich versuche, das Auto immer häufiger stehen zu lassen – wenn meine Zeit und das Wetter es zulassen.

Danke für das Gespräch, Frau Keilbach und weiterhin viel Freude und Erfolg mit Ihren geschäftlichen und privaten Vorhaben.

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Das Gespräch führte Beate Schade (KEA-BW) im Juni 2022.

 

Lebenslauf

  • Seit 01/2016 Geschäftsführerin von Fensterbau Keilbach
  • 09/2014 bis 09/2015: Glasermeisterin
  • 09/2012 bis 07/2014: Ausbildung Glaserin
  • 05/2009 bis 04/2010: Betriebswirtin HWK
  • 09/2005 bis 07/2007: Ausbildung Bürokauffrau
  • 07/2005: Schulabschluss, Fachhochschulreife

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Tags: Nachhaltige Berufe