Herrenberg ist ein gutes Beispiel für:
- die strategische Berücksichtigung aller Mobilitätsarten für das Ziel Klimaneutralität,
- eine digitale Unterstützung für intermodale Mobilität sowie
- das Erleben alternativer Mobilitätsangebote.
Es läuft nach Plan: Herrenbergs Mobilitätsentwicklung mit Kurs
Die Stadt Herrenberg hat sich durch eine Reihe von strategischen Konzepten und Plänen klar zur Förderung einer nachhaltigen und klimafreundlichen Mobilität verpflichtet. Im Mittelpunkt dieser Bemühungen stehen der Integrierte Mobilitätsentwicklungsplan (IMEP 2030), der Klimafahrplan, der Radverkehrsplan sowie das Leitbild 2035. Diese Strategien wurden durch Beteiligungsprozesse von der Stadtgesellschaft begleitet, sondern werden auch konsequent umgesetzt.
Mit dem IMEP 2030 hat Herrenberg im Jahr 2019 den Grundstein für eine klimafreundliche Mobilitätsentwicklung gelegt. Der Plan ist darauf ausgelegt, klimafreundliche Mobilität zu ermöglichen und gleichzeitig das Verkehrsaufkommen bis zum Jahr 2030 zu reduzieren. Ein zentrales Prinzip ist die „Stadt der kurzen Wege“, die sowohl im Neubau als auch im Bestand die Erreichbarkeit verbessern soll. Durch die Umsetzung vielfältiger Maßnahmen, wie der Förderung von Fuß- und Radverkehr sowie des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), soll der motorisierte Individualverkehr (MIV) verringert werden. Darüber hinaus hat Herrenberg im März 2022 den Herrenberger Klimafahrplan verabschiedet, um die Klimaziele der Stadt zu unterstützen. Der Plan umfasst neun Handlungsfelder und insgesamt 85 Maßnahmen. Im Handlungsfeld Mobilität sind ambitionierte Ziele festgelegt, darunter eine zehn-prozentige Reduktion der Fahrleistung im MIV und eine 65-prozentige Erhöhung der Fahrleistung im ÖPNV im Vergleich zu 2019 bis zum Zieljahr 2030.
Seit 2012 ist Herrenberg zudem Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg e. V. (AGFK-BW). Im Jahr 2019 hat die Stadt ihren Radverkehrsplan aktualisiert, der 180 Maßnahmen umfasst, um das Radverkehrsnetz zu erweitern und zu verbessern. Diese Maßnahmen beinhalten den Bau neuer Radwege, die Verbesserung der bestehenden Infrastruktur und die Förderung des Radverkehrs durch verschiedene Kampagnen und Programme. So unterstützen die Strategiepapiere Herrenberg dabei, sich strukturiert seinen Zielen zu nähern und sukzessive Maßnahmen im Bereich nachhaltige Mobilität umzusetzen.
Dazu gehören Maßnahmen im Bereich ÖPNV, die darauf abzielen, die Erreichbarkeit und die Verbindungen in den ländlichen Raum zu stärken und den Nahverkehr attraktiver zu machen - beispielsweise Anpassungen am Stadtbus-Verkehr. Darüber hinaus wird die ÖPNV-Anbindung im Raum Nagold-Herrenberg untersucht, um das Angebot weiter zu verbessern und an die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger anzupassen.
Des Weiteren soll eine neue Beschilderung aus ressourcensparenden und recyclebaren Aluminiumverbundplatten den Verkehr umleiten und die Innenstadt beruhigen. Darüber hinaus optimieren bereits jetzt intelligente Ampeln und elektronische Geschwindigkeitstafeln den Verkehrsfluss in der Stadt. Die Technologie in Kombination mit baulichen Maßnahmen und digitalen Angeboten wie dem stadtnavi trägt dazu bei, Staus zu reduzieren und den Verkehrsfluss zu verbessern, was insgesamt zu einer effizienteren Nutzung der Straßen führt.
Mit stadtnavi in eine grünere Zukunft
Der Modal Split in Herrenberg lag 2019 bei 57 Prozent MIV gegenüber 43 Prozent im Umweltverbund. Er zeigt, wie häufig das Auto anderen Verkehrsmittel vorgezogen wird. Um vorhandene Mobilitätsangebote sichtbarer zu machen und den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel zu erleichtern, entwickelte Herrenberg die Open-Source-Anwendung „stadtnavi“. stadtnavi ist eine Routenplanungsanwendung, die als Browseranwendung und Handy-App verfügbar ist. Es vernetzt alle verfügbaren Mobilitätsangebote in der Region und ermöglicht eine intermodale Routenplanung. Heißt: stadtnavi kombiniert für die angeforderte Strecke, ganz nach den Wünschen und Möglichkeiten der Nutzenden, die Angebote des ÖPNVs, den Fuß- und Radverkehr, dazu Mitfahrgelegenheiten, Sharing-Angebote und nach Bedarf den motorisierten Individualverkehr. Auch Fahrrad- und Carsharing-Parkplätze, E- Ladestationen, u. v. m. werden angezeigt.
2022 wurde die erste E-Ladestation eröffnet. Inzwischen gibt es 13 Ladestationen mit 36 Ladepunkten in und um Herrenberg. Um ihr Parkraummanagement zu verbessern, hat die Stadt digitale Parksensoren an verschiedenen öffentlichen Stellplätzen und Parkhäusern installiert, die Informationen über freie Parkplätze liefern und im stadtnavi sowie im Parkleitsystem ausspielen. Zudem bietet stadtnavi die Möglichkeit Parkplätze für mobilitätseingeschränkte Menschen an zentralen Punkten anzeigen zu lassen. Im Herbst 2023 hat die Stadt in einer gemeinsamen Aktion mit dem ADFC Herrenberg sämtliche Fahrradstellplätze in Herrenberg digital erfasst, um die Informationen auf stadtnavi bereit zu stellen. Neben den von Herrenberg selbst erhobenen Daten bilden die Daten von OpenStreetMap und von MobiDataBW, der OpenData Plattform des Landes für Mobilitätsdaten in Baden-Württemberg, eine wichtige Grundlage von stadtnavi.
Technologische Grundlage und Open-Source-Ansatz
stadtnavi wurde als Open-Source-Lösung entwickelt basierend auf den bereits bestehenden Komponenten Digitransit und OpenTripPlanner: Als kostenlose „White Label Lösung“ steht es im Internet zur Verfügung. Jede und jeder kann stadtnavi kopieren, weiterentwickeln und mit eigenem Namen und Design, z.B. dem der eigenen Kommune, verwenden. So wird es bereits von anderen genutzt, z. B. vom Verkehrsverbund Pforzheim Enzkreis und der Stadt Ludwigsburg. Auch außerhalb von Baden-Württemberg gibt es bereits stadtnavi-basierte Instanzen, wie zum Beispiel das bbnavi in Bandenburg. In Kaiserslautern, in Aachen, im Kreis Schleswig-Flensburg und auf Landesebene in Baden-Württemberg befinden sich weitere stadtnavi-Ableger in der Entstehung. stadtnavi trägt somit zur nachhaltigen Mobilität bei, nicht nur in Herrenberg, sondern auch darüber hinaus.
Auszeichnungen durch das Land und Förderung durch den Bund
Dieses Engagement wurde mit der Landesauszeichnung „Wir machen Mobilitätswende“ belohnt: die Stadt Herrenberg und Projektleiterin Jana Zieger gewann 2022 in der Kategorie „Multimodalität und mehr Lebensqualität durch weniger Autos“. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur förderte das Sofortprogramm „Saubere Luft“ und ermöglichte so auch die Entwicklung von stadtnavi. Aktuell erhält stadtnavi eine weitere Förderung im Rahmen des Programms „Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme“ vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr.
Alternative Mobilitätsangebote erlebbar machen
Nachhaltige Mobilität schützt das Klima, trägt zur Luftreinhaltung bei, reduziert Lärm und erhöht die Aufenthaltsqualität im Straßenraum. Die positiven Aspekte erleben und ausprobieren zu können, ist wichtig, damit Menschen ihre eigenen Verhaltensmuster überdenken und anpassen. Hierfür haben sich in Herrenberg verschieden Aktionen etabliert und werden kontinuierlich durch weitere ergänzt.
Wie können Straßen genutzt werden, auf denen kein Verkehr tobt? Das zeigt das Streetlife Festival in Herrenberg, bei dem an einem Sonntag im September die Bundesstraße für Autos gesperrt bleibt. Das autofreie Straßenfest lädt zum Flanieren, Verweilen und Tanzen ein, wenn anstelle von Abgasen und Motorlärm verschiedene kreative Stände die Straße füllen.
„Die Straße wandelt sich vom Verkehrsraum zum Ort des Aufeinandertreffens und bietet Platz für Menschen, Nachhaltigkeit und Kreativität“, betont die Leitung der Stabstelle Klima- und Umweltschutz Kevin Possehl.
Als Teil der „Europäischen Mobilitätswoche“ (EMW) soll das Fest durch kreative Aktionen die Themen nachhaltige Mobilität, Klima- und Umweltschutz für alle Anwohnende und Besuchende erlebbar machen. Unentschlossene können sich vor Ort von einem E-Bike oder Lastenrad überzeugen und verschiedene Räder testen. Auf dem Streetlife Festival findet jedes Jahr auch die Preisverleihung von Stadtradeln statt. 2024 nahm Herrenberg schon zum neunten Mal in Folge an dem Wettbewerb teil. Über 938 Radelnde sind vom 23. Juni bis 13. Juli kräftig in die Pedale getreten und haben mit 174.371 Kilometern Platz 1 im Landkreis Böblingen erreicht. Da gemeinsam fahren besonders motiviert, haben die Stabsstelle Klima- und Umweltschutz der Stadt Herrenberg und der ADFC gemeinsame Fahrradausfahrten organisiert.
Selbst die Nikoläuse und Nikoläusinnen kommen in Herrenberg nicht mit dem Schlitten, sondern mit winterlich geschmückten Lastenrädern. Damit verteilen sie nicht nur Geschenke, sondern machen auf die Lastenfahrräder aus Affstätt und Gültstein aufmerksam, welche kostenfrei ausgeliehen werden können. Ein weiteres E-Lastenrad der Stabsstelle Klima- und Umweltschutz wird in Kürze bei der Stadtbibliothek zum kostenlosen Ausleihen zur Verfügung stehen. Und sollte doch etwas mit dem Fahrrad schief gehen, stehen in ganz Herrenberg 10 Radservice Stationen mit Werkzeugen und Lufttankstellen bereit.
(Stand: September 2024)
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Kontakt
Stadtverwaltung Herrenberg
Stabsstelle Klima- und Umweltschutz
Telefon: 07032 9244150
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Integrierter Mobilitätsentwicklungsplan (IMEP)
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stadtnavi
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Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen e.V.
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Stadtradeln
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Europäische Mobilitätswoche
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Gute Beispiele: Vorbilder für nachhaltige Mobilität in Kommunen