Argumentationshilfe für die Verkehrswende

Noch immer kursieren zahlreiche Fehlinformationen rund um das Thema Klimaschutz im Verkehr. Hierdurch wird die dringend erforderliche Verkehrswende vor Ort oftmals erschwert und teilweise blockiert. Dieser Faktencheck räumt anhand neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse mit Falsch- und Desinformationen auf, beispielsweise über die Elektromobilität oder das Parkraummangement. Er soll Bürgerinnen und politischen Entscheidungsträgern gezielt Argumentationshilfe bieten.

 

  • Behauptung: "Der Klimawandel ist gar nicht 'menschengemacht', weil der Einfluss von Kohlenstoffdioxid auf die globale Erderwärmung vernachlässigbar ist."

    Fakt ist: Jedes Jahr setzen Ozeane und die Landoberfläche rund 800 Milliarden Tonnen Kohlendioxid (CO2) frei - zusätzlich vom Menschen verursachten CO2-Emissionen erscheinen im Vergleich dazu eher gering. Jedoch ist der Kohlenstoffkreislauf auf ein natürliches Gleichgewicht ausgelegt - die zusätzlichen, menschengemachten Emissionen bringen das fragile System aus der Balance. Nach Angaben des Weltklimarates (IPCC-Bericht 2021) wurden durch menschliche Einflüsse jedes Jahr rund 18,8 Milliarden Tonnen CO2 mehr freigesetzt als Wälder, Moore oder Ozeane als natürliche CO2-Senken wieder aufnehmen können. Dadurch sammelt sich Kohlendioxid in der Atmosphäre an.

    Quelle: Klimafakten

  • Behauptung: "Die Erderwärmung ist auf natürliche Faktoren wie die Sonneneinstrahlung oder Vulkane zurückzuführen."

    Fakt ist: Der Klimawandel, wie wir ihn derzeit erleben, ist menschengemacht, darüber ist sich die internationale Forschung einig. Es gibt viele Faktoren, die Auswirkungen auf das globale Klima haben. Hierzu zählen beispielsweise auch die Sonneneinstrahlung, Vulkane oder die Erdumlaufbahn. Doch die gegenwärtige Erderwärmung ist vorrangig auf menschgemachte Treibhausgase zurückzuführen, denn kein natürlicher Faktor kann den drastischen Temperaturanstieg der vergangenen Jahrzehnte erklären. Durch menschliche Aktivität hat die CO2-Konzentration, verglichen mit der vorindustriellen Zeit (vor 1750), bereits um rund fünfzig Prozent zugenommen. Die CO2-Emissionen von Vulkanen betragen beispielsweise nur ein Hundertstel des menschengemachten Ausstoßes und es ist keine Zunahme der Vulkanaktivität in den letzten 200 Jahren messbar. Sonneneinstrahlung unterliegt natürlichen Schwankungen, doch der Einfluss dieser Schwankungen ist seit Jahrzehnten viel geringer als der Einfluss des Menschen. Nur die vom Menschen verursachten Treibhausgas-Emissionen erklären den derzeitigen Klimawandel.

    Quelle: Klimafakten

  • Behauptung: "Deutschland trägt nur rund zwei Prozent zum weltweiten Ausstoß von Kohlenstoffdioxid bei. Da können wir vor Ort ohnehin nichts gegen den Klimawandel tun."

    Fakt ist: Deutschland gehört zu den Top Ten der weltgrößten CO2-Verursacher und ist damit maßgeblich mitverantwortlich für den Klimawandel. Die größten, absoluten Kohlenstoffdioxidemittenten unter den G20-Mitgliedern sind China, die USA und die EU. Die Pro-Kopf-Emission der Deutschen liegt im Schnitt mit 8,16 Tonnen CO2 weit über dem weltweiten Durchschnitt, welcher bei rund 5 Tonnen CO2 pro Kopf liegt. Die Pro-Kopf-Emissionen in Deutschland liegen damit um das etwa 30-fache höher als in Kenia oder Nepal. Somit muss Deutschland mehr zum Klimaschutz beitragen als die meisten anderen Staaten. Zwei Prozent suggerieren also fälschlicherweise eine kleine Zahl und spielt die Verantwortung und Handlungsmöglichkeiten der deutschen Politik herunter. 

    Quellen: Klimafakten, Statistisches Bundesamt, EDGAR, Klimafakten)

  • Behauptung: "Ohne den Verbrennungsmotor und die Autoindustrie verlieren wir Arbeitsplätze und Deutschland steht vor dem Nichts. Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist in Gefahr."

    Fakt ist: Das Aus des Verbrennungsmotors bedeutet nicht das Aus der Automobilindustrie. Deutschland droht eher den Anschluss zu verlieren, wenn wir an alten Technologien festhalten, während andere Nationen bereits auf E-Auto Produktion umsteigen. Der Wechsel auf E-Mobilität ist essenziell, um konkurrenzfähig bleiben zu können. Diese Transformation bringt Herausforderungen und Chancen mit sich, denn die Arbeitsmarkteffekte der nachhaltigen Mobilität sind weitaus größer als ursprünglich angenommen. Zwar würden im traditionellen Automobilsektor Arbeitsplätze reduziert werden, doch würden an anderer Stelle viele neue entstehen. 

    So hat die Rosa-Luxemburg-Stiftung in der Studie “Spurwechsel” zwei Szenarien durchgespielt, wie durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs (ÖPNV) zusätzliche Arbeitsplätze entstehen könnten. Notwendig sei dafür aber, dass man nicht bloß eine Antriebswende, sondern im Szenario 1 auch eine “moderate Mobilitätswende” vollziehe. Es genüge nicht, nur Verbrenner auf Elektroantriebe umzustellen. Je 10.000 neue Jobs könnten so in der Fahrrad- und in der Elektrobus-Industrie entstehen, ganze 100.000 neue Arbeitsplätze in der Schienenindustrie. 
     

    Für das Szenario 2 einer “ambitionierten Mobilitätswende” prognostizieren die Autorinnen und Autoren eine noch stärke Steigerung der Fahrgastzahlen im ÖPNV, Bahnverkehr und im Fahrradverkehr. Dadurch würden 215.000 bis 314.000 neue Jobs entstehen, weil mehr Züge, Busse, Schienen, Oberleitungen, Stellsysteme oder Pedelecs benötigt würden. Das Gesamtpotenzial wäre noch deutlich höher, wenn man eine “kurze Vollzeit für alle” ansetzen würde, also eine Arbeitszeitreduktion auf 30 Wochenstunden. Dann sieht man ein Gesamtpotenzial von bis zu 323.500 bis 436.500 zusätzlichen Arbeitsplätzen für Szenario 1 und Szenario 2. 

    Insgesamt könne diese “sozial-ökologische Transformation” den Verlust an angestammten Arbeitsplätzen in der Autoindustrie somit sogar überkompensieren. Hier wird von einem Wegfall von 275.000 Stellen im direkten Automobilumfeld bis 2030 ausgegangen.

    Quellen: Bundesverband eMobilität, Agora Verkehrswende, Statista, Rosa-Luxemburg-Stiftung

  • Behauptung: "Elektroautos sind viel teurer als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Der Kauf lohnt sich nicht."

    Fakt ist: Kostenanalysen zeigen einen klaren langfristigen Kostenvorteil für E-Fahrzeuge im Vergleich zu Verbrennern, obwohl die Kosten für die Anschaffung und Ladeinfrastruktur anfänglich teurer sind. Bei der Berechnung wurden alle Kosten über die Gesamtlaufzeit berücksichtigt. Die Kosten für Inspektion, Wartung und Versicherung bei E-Fahrzeugen sind vergleichbar mit denen von Verbrennern. Jedoch führen die geringen Energiekosten, die derzeitige Kfz-Steuerbefreiung und die jährliche THG-Quote zu einem Kostenvorteil. 

    Darüber hinaus hat die Ladeinfrastruktur einen entscheidenden Einfluss auf die Gesamtkosten eines Elektroautos. Nutzende, welche ihr Elektroauto mit selbst produziertem Photovoltaikstrom laden, haben einen deutlichen Kostenvorteil. Auch die Anschaffungskosten für E-Fahrzeuge sind in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. Die Hauptgründe hierfür liefern geringere Batteriekosten und eine effizientere Produktion. Außerdem kann angenommen werden, dass aufgrund steigender CO2-Preise die Kraftstoffkosten steigen, wohingegen die Betriebskosten von E-Fahrzeugen mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien weiter sinken werden.

    Bei einigen E-Fahrzeugmodellen besteht bereits nach 5 Jahren Haltedauer ein Kostenvorteil gegenüber vergleichbaren Verbrennermodellen.  (Agora Verkehrswende)

    Steuervorteile gibt es außerdem nicht nur für private E-Autos, sondern auch für elektrische Dienstwägen. Bei Fahrzeugen bis 70.000 Euro Bruttolistenpreis, muss das Fahrzeug monatlich mit 0,25 Prozent als geldwerten Vorteil versteuert werden. Bei Verbrennern muss hingegen 1 Prozent des Bruttolistenpreises monatlich versteuert werden. (ADAC)

    Rechenbeispiel: Bei einem VW ID.3 für knapp 40.000 Euro zahlt man 0,25 Prozent Steuern, das entspricht 100 Euro monatlich. Ein vergleichbarer Golf kostet ca. 35.000 Euro. Durch die Besteuerung von 1 Prozent zahlt man hier 350 Euro pro Monat.

    Quellen: Fraunhofer ISI, ADAC, Agora Verkehrswende, ADAC

     

  • Behauptung: "Es gibt nicht genügend Lademöglichkeiten für ein E-Auto und daher ist es keine Alternative."

    Fakt ist: Die öffentliche Ladeinfrastruktur wurde in den vergangenen Jahren bereits massiv ausgebaut. E-Autos können an Normalladepunkten, zu Hause, am Straßenrand, in Tiefgaragen oder an Schnellladestationen, etwa an Autobahnen, oder auf Parkplätzen von Geschäften aufgeladen werden. Es gibt bereits eine Vielzahl an öffentlichen Lademöglichkeiten sowie zahlreiche Förderprogramme von Bund und Ländern mit dem Ziel, den Ausbau der öffentlichen und privaten Ladeinfrastruktur weiter zu beschleunigen

    In Baden-Württemberg entstand so ein Raster, bei dem spätestens alle 10 km eine Ladesäule erreichbar ist. Eine Schnellladesäule ist im Umkreis von 20 km zu finden (Verkehrsministerium BW). Die Angst mit dem E-Auto “liegen zu blieben” und keine Lademöglichkeit zu finden ist also nachweislich unbegründet. Es besteht derzeit ein Überangebot an Lademöglichkeiten und diese sind je nach Landkreis nur zwischen 3 und maximal 25 Prozent pro Tag (über 24h) belegt.  Inzwischen sind mit Stand 1. März 2024 128.517 öffentliche Ladepunkte (davon 25.291 Schnellladepunkte) verfügbar, von denen 22.910 (davon 3.488 Schnellladepunkte) in Baden-Württemberg installiert sind.

    Quellen: Verkehrsministerium Baden-Württemberg, BDEW, Bundesnetzagentur, Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur

  • Behauptung: "Der Strom reicht gar nicht aus, um alle Fahrzeuge zu elektrifizieren."

    Fakt ist: Der Umstieg auf die Elektromobilität geht mit einem Mehrbedarf an Strom einher. Angesicht des Gesamtverbrauchs sowie des langfristigen Entwicklungszeitraums, stellt dieser Mehrbedarf jedoch nur einen geringen Anteil des Gesamtstrombedarfs da und ist daher keine Hürde für eine vollständige Elektrifizierung des PKW-Verkehrs. Auch das deutsche Stromnetz kann grundsätzlich den Strommehrbedarf decken, wenn Investitionen in den lokalen Netzausbau und die Modernisierung des Stromnetzes getätigt werden. 

    Bei Modellversuchen hinsichtlich der Netzkapazität zeigte sich, dass ohnehin nicht alle E-Autos gleichzeitig laden müssen und die Kapazität auch bei großem Bedarf ausreichend ist. Intelligentes Lademanagement, bei dem Verbrauchsspitzen geglättet und Engpässe vermieden werden, wird die Situation weiter verbessern. Studien zeigen, dass die aktuellen Stromnetze bereits für 45 Millionen E-Autos ausreichen würden, wenn ein solches Lademanagement implementiert wäre. Der Ausbau des Smart Grids in Deutschland ist unerlässlich und aufgrund der Energiewende ohnehin notwendig, verpflichtend und bereits im Gange.

    Quellen: Netze BW, ZEIT Online, BMVK

  • Behauptung: "Elektroautos verbrauchen viel zu viele Ressourcen und der Abbau der Rohstoffe ist problematisch. Ein E-Auto ist ethisch daher nicht zu verantworten."

    Fakt ist: Weltweit sind genügend Ressourcen für die PKW-Elektrifizierung vorhanden. Der Rohstoffeinsatz ist trotz ausreichender Ressourcen mit ökologischen und sozialen Herausforderungen verbunden und kann zurecht kritisiert werden. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass der Erfolg von Verbrennungsmotoren auf der massiven Ausbeutung natürlicher Ressourcen von Menschen im globalen Süden und kommender Generationen beruht. 

    Die wichtigsten Rohstoffe für die Batterien von E-Autos sind aktuell Kobalt für die Energiedichte, Lithium für die Speicherung und Übertragung und Nickel für die Aufnahme und Abgabe der Elektronen. Das Kobalt, welches zum Teil aus der demokratischen Republik Kongo stammt, wird nicht nur für Batterien verwendet, sondern unter anderem auch dafür, um Dieselkraftstoffe zu entschwefeln. Auch für die für die gigantischen Mengen Mineralöl werden Menschenrechte verletzt und Ökosysteme zerstört. Daher ist es scheinheilig aus ethischen Gründen weiterhin mit einem Verbrenner zu fahren. 

    Ein weiterer wichtiger Aspekt des Rohstoffverbrauchs darf nicht vergessen werden: Während das Erdöl für Verbrennungsmotoren letztlich verbraucht wird, können viele Rohstoffe einer Batterie am Lebensende recycelt und wiederverwendet werden. Außerdem kann mit dem Fortschritt und der Entwicklung in der Batterietechnologie, der Rohstoffverbrauch gesenkt werden und der Förderung des Recyclings und der Verwendung von nachhaltigen Rohstoffen begegnet werden.  

    Sich über ökologische und ethische Probleme zu informieren und gezielte Kaufentscheidungen zu treffen, ist definitiv ratsam - egal, um welches Produkt oder Fahrzeug es sich handelt. Vielleicht geht es langfristig sogar ganz ohne eigenen PKW?

    Quellen: U.S. Geological Survey, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Xu et al., Amnesty International, Transport & Environment, InitiativeIRMA

  • Behauptung: "Elektroautos sind überhaupt nicht klimafreundlicher als Verbrenner."

    Fakt ist: Die Klimabilanz von Fahrzeugen wird maßgeblich durch die Art der verwendeten Antriebsstoffe und deren Erzeugung bestimmt. Elektrofahrzeuge fahren lokal emissionsfrei, das heißt sie stoßen weder CO2 noch gesundheitsschädliche Luftschadstoffe wie Stickoxide aus. Selbst mit dem aktuellen Strommix in Deutschland verursachen Elektroautos über ihre gesamte Lebensdauer ca. 30 bis 50 Prozent weniger CO2 als vergleichbare Verbrenner. Mit steigendem Anteil erneuerbarer Energien wird sich dieser Klimavorteil weiter vergrößern. Ein E-Fahrzeug weist zu Beginn seiner Nutzungsphase aufgrund der CO2-intensiven Batterieherstellung zwar höhere Emissionen auf als ein vergleichbarer Verbrenner, die Treibhausgas-Emissionen während der Nutzungsphase sind jedoch geringer. 

    Betrachtet man den gesamten Lebenszyklus (Fahrzeug- und Batterieherstellung, Betrieb mit Strom und Kraftstoffen sowie deren Erzeugung, Wartung, Entsorgung und Recycling aller Fahrzeugkomponenten), so zeigt sich, dass ein Elektrofahrzeug in Deutschland einen Klimavorteil gegenüber einem Benziner nach etwa vier Jahren oder 59.000 km Fahrleistung und gegenüber einem Diesel nach etwa fünfeinhalb Jahren oder 71.000 km Fahrleistung erreicht. 

    Quelle: ifeu

  • Behauptung: "Verkehrsberuhigungsmaßnahmen wie Tempolimits sind kontraproduktiv. Der Verkehr muss fließen, vor allem, um innerörtliche Staus zu vermeiden und weniger Abgase auszustoßen."

    Fakt ist: Verkehrsberuhigende Maßnahmen wie Tempolimits senken nachweislich die Unfallgefahr und erhöhen damit die Verkehrssicherheit. Außerdem werden Lärm- und Schadstoffemissionen gemindert. In Städten und Gemeinden stärken Geschwindigkeitsbegrenzungen klimafreundliche Mobilität, da durch sie die Nutzerzahlen des ÖPNVs und Radverkehrs steigen. Tempolimits auf Autobahnen und eine Absenkung der Höchstgeschwindigkeit auf Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften wären ein kurzfristig realisierbarer, kostengünstiger und wirksamer Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen des Verkehrs. Die Einführung von Tempo 120 auf Bundesautobahnen würde die Treibhausgasemissionen des Straßenverkehrs um 2,9 Prozent reduzieren. 

    Ein häufiges Argument gegen Tempo 30 an innerstädtischen Hauptverkehrsachsen ist die Annahme, dass eine Hauptverkehrsstraße mit Tempo 30 weniger Kfz bewältigen könnte als mit Tempo 50. Diese Befürchtung ist in den meisten Fällen unbegründet, denn eine Herabsenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hat keinen signifikanten Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Straße für den Kfz-Verkehr. Einen nennenswerteren Einfluss haben hingegen Faktoren wie die Qualität der Ampelschaltungen, die Anzahl querender Fußgänger oder Bushalte, Parkvorgänge oder das Halten in zweiter Reihe. 

    Quellen: Umweltbundesamt, Universität Stuttgart

  • Behauptung: "Busspuren behindern den Verkehr, weil sie den Autos eine Fahrbahn wegnehmen und somit für zusätzliche Staus in den Innenstädten sorgen."

    Fakt ist: Der Busverkehr ist das Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrs, denn Busse können viele Menschen gleichzeitig transportieren. Busse sind darüber hinaus ein sehr niederschwelliges Transportmittel, das allen Bevölkerungsgruppen (vor allem auch Kindern, Älteren und sozial schwachen Menschen) zur Verfügung steht.

    Ein nur halbvoll besetzter Standardlinienbus transportiert knapp fünfzig Personen. So viele sitzen im Berufsverkehr in durchschnittlich vierzig PKWs. Es werden 44 Prozent weniger CO2 pro Personen-Kilometer im Vergleich zum Autoverkehr ausgestoßen, wenn mit dem Bus gefahren wird. Außerdem verbraucht ein Bus mit etwa zwölf Metern Länge viel weniger Platz auf der Straße. Er ist somit deutlich effizienter als eine Autoschlange von über 200 Metern Länge. Grundsätzlich sollen Busspuren die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit des ÖPNV steigern. Somit wird das Bussystem verlässlicher und auch der Umstieg auf andere klimafreundliche Verkehrsmittel wie die Bahn wird ermöglicht.

    Quelle: Kompetenznetz KlimaMobil

  • Behauptung: "Autofreie Zonen in den Innenstädten schaden dem Einzelhandel und somit der örtlichen Wirtschaft."

    Fakt ist: Das Gegenteil ist der Fall. Läden gewinnen mehr Kundschaft an Orten, an denen weniger Autos fahren. Denn autofreie Zonen beleben die Innenstädte, steigern damit die Aufenthaltsqualität und laden die Menschen zum Verweilen ein. Das schafft außerdem Platz für den Fuß- und Radverkehr. Gleichzeitig mindern sie den lästigen Parksuch-Verkehr, Lärm und Luftverschmutzung. Das bietet wiederum dem Einzelhandel neue Umsatzchancen. Die Menschen, die in diesen Stadtteilen zu Fuß unterwegs sind, geben deutlich mehr Geld aus als alle anderen Verkehrsteilnehmenden. Kundinnen und Kunden die mit dem Auto kommen, sorgen im Schnitt nur noch für zehn Prozent des gesamten Umsatzes. 

    Quelle: Klimareporter

  • Behauptung: "Es gibt zu wenig Parkplätze. Daher kann der Straßenraum nicht umgestaltet werden, wir benötigen die Flächen zum Parken."

    Fakt ist: Es wird bereits sehr viel öffentliche Fläche dem Parken gewidmet. In Berlin gibt es beispielsweise zehnmal mehr Flächen für Parkplätze als für Spielplätze. Durchschnittlich werden Privat Autos nur eine Stunde pro Tag bewegt und stehen die restlichen 23 Stunden unbenutzt herum. Zudem werden 40 Prozent aller Autos in Deutschland an einem durchschnittlichen Tag gar nicht benutzt. Das führt oftmals zu Nutzungskonflikten mit dem Fuß- und Radverkehr. Ein Stellplatz für ein Auto ist ca. 12 qm groß, und somit größer als viele Arbeits- oder Kinderzimmer. Der Platz entspricht dem von rund zehn Fahrradstellplätzen. Somit wird öffentlicher Straßenraum zweckentfremdet, der tatsächlich besser zur Steigerung der Aufenthaltsqualität (lebendige Ortsmitten) oder für nachhaltige Mobilitätsformen wie zusätzliche Geh- und Radwege genutzt werden könnte. Eine Lösung des Problems kann nicht durch zusätzliche Parkfläche erreicht werden, sondern nur durch Reduktion der herumstehenden Fahrzeuge. Effektives Parkraummanagement ist an dieser Stelle unabdingbar. Natürlich muss es weiterhin Parkmöglichkeiten geben, doch diese sollten sich eher außerhalb der “belebten Zonen” befinden. Beispielsweise in Tiefgaragen oder am Rande der Ortschaft. 

    Quellen: Agora Verkehrswende, MiD, aktivmobil BW

  • Behauptung: "Höhere Parkgebühren in den Innenstädten dienen nur dazu, die Leute finanziell noch mehr zu schröpfen. Das ist eine 'reine Abzocke'."

    Fakt ist: Öffentliche Flächen in den Städten und Ortszentren sind knapp. Jeder Parkplatz benötigt zwischen zehn und 16 Quadratmeter Fläche, die dem öffentlichen Raum entzogen wird. Konkret bedeutet das: wo ein Auto steht, finden zehn Fahrräder Platz. Außerdem kostet die Bereitstellung und Bewirtschaftung von Parkflächen den Gemeinden viel Geld. Die Erhebung von Parkgebühren ist demnach keine Abzocke, sondern dient der Deckung der anfallenden Kosten. Diese sollten nicht von der Allgemeinheit getragen werden, sondern konkret von den Menschen, die die Fläche zum Parken nutzen. 

    Außerdem können durch Parkgebühren gezielte Verhaltensänderungen bewirkt werden. Sie dienen dann als Lenkungsmaßnahme, um Menschen z.B. zum Umstieg auf ÖPNV oder zum Parken außerhalb der Innenstädte zu motivieren. Zusätzliche Einnahmen aus erhöhten Parkgebühren können direkt in den Ausbau klimafreundlicher Verkehrsinfrastruktur wie Fuß- und Radwege fließen und den Straßenraum für alle Mobilitätsformen öffnen. Richtiges Parkraummanagement sorgt für weniger Verkehr, bessere Luft, macht eine Stadt grüner und lässt das Geschäft von mehr Fuß- und Radverkehr profitieren.

    Quellen: Agora Verkehrswende, ifeu, Agora Verkehrswende

  • Behauptung: "Parkbevorrechtigung für E-Autos und Carsharing-Fahrzeuge sind nicht berechtigt. Sie entziehen den Innenstädten genauso wertvollen Verkehrsraum wie herkömmliche Autos."

    Fakt ist: Diese Parkbevorrechtigungen führen zwar nicht direkt zu einer Verkehrsminderung, aber sollen gezielt klimafreundliche Alternativen zu herkömmlichen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor fördern und ein Anreiz zur Verkehrswende schaffen. Sowohl im Elektromobilitätsgesetz als auch im baden-württembergischen Straßengesetz von 2019 sind Parkbevorrechtigungen für E-Autos und Carsharing ausdrücklich vorgesehen. 

    Elektroautos sind nachweislich leiser unterwegs und stoßen lokal kein klimaschädliches CO2 aus. Auch Carsharing-Fahrzeuge haben viele Vorteile gegenüber einem eigenen Auto. Beim Platzbedarf wird dies besonders deutlich: Ein einziges stationsbasiertes Carsharing-Fahrzeug ersetzt umgerechnet bis zu 16 private PKWs. Wenn Carsharing attraktiver wird, kann damit langfristig also doch auch wertvoller Parkraum gespart werden.

    Quellen: e-mobil BW, Bundesverband CarSharing e.V.

  • Behauptung: "Um den Verkehr zu entlasten, müssen neue Straßen gebaut werden."

    Fakt ist: Der Bau neuer Straßen bringt nicht automatisch eine Entlastung des Verkehrs, sondern kann das Gegenteil bewirken. Studien zeigen, dass der Ausbau von Straßen oft mehr Verkehr erzeugt, statt ihn zu reduzieren. Der Grund dafür ist die sogenannte “induzierte Nachfrage”: Mehr Straßenkapazitäten machen das Autofahren attraktiver, was dazu führt, dass mehr Menschen das Auto nutzen. Dies geschieht nicht nur, weil neue Personen die Route wählen, sondern auch, weil zusätzliche Fahrten durch die vermeintliche Zeitersparnis an Reiz gewinnen. Langfristig führen diese Veränderungen zu strukturellen Entwicklungen, die längere Wege und entfernungsintensive Lebensweisen fördern. Selbst wenn Menschen durch den Ausbau Zeit auf einer Strecke sparen, nutzen sie diese oft für andere Fahrten, was letztlich zu noch mehr Verkehr führt.

    Es ist also ein Trugschluss zu glauben, dass mehr Straßen die Verkehrsprobleme lösen. Im Gegenteil, sie verschärfen das Problem. Besonders problematisch ist, dass die Bundesverkehrswegeplanung den induzierten Verkehr vernachlässigt, wodurch Straßenprojekte durch methodische Fehler schöngerechnet werden. Für eine nachhaltige Verkehrsentlastung sollten Investitionen in die Förderung des Umweltverbundes und in die Verbesserung und den Ausbau der Bahn-Infrastruktur fließen, um die Abhängigkeit vom Auto zu verringern.

     Quellen: Litman, Ladd, VCD

Stand: August 2024

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    Bei weiteren Fragen können Sie das Team Nachhaltige Mobilität der KEA-BW per E-Mail kontaktieren.

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